Weiterentwicklung der Betreuung von ungewollt schwangeren Frauen

Forschungsverbund untersucht die Lebensumstände und Erfahrungen ungewollt Schwangerer mit bestehenden Beratungs- und Versorgungsangeboten

Wie erleben und verarbeiten Frauen eine ungewollte Schwangerschaft? Welche Unterstützung benötigen sie? Und wie sind sie derzeit in Deutschland versorgt? Bis Ende Oktober 2023 wird ein interdisziplinärer Forschungsverbund wissenschaftliche Daten über die sozialen und gesundheitlichen Belastungen von Frauen erheben, die eine ungewollte Schwangerschaft austragen oder abbrechen.

Das Forschungsvorhaben „Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer – Angebote der Beratung und Versorgung (ELSA)“ will Erkenntnisse zu maßgeblichen Einflussfaktoren auf das Erleben und Verarbeiten einer ungewollten Schwangerschaft, zu den Bedarfen betroffener Frauen und zur medizinischen und psychosozialen Versorgungssituation in Deutschland sammeln. Ziel ist es, wissenschaftliche Daten bereitzustellen, auf deren Basis sich die Versorgung bedarfsgerecht und effektiv weiterentwickeln lässt.

Frau Prof. Dr. Petra Brzank von der Hochschule Nordhausen führt die Erhebungen gemeinsam mit der Hochschule Fulda (Professorin Dr. Daphne Hahn), dem Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut zu Geschlechterfragen Freiburg (Professorin Dr. Cornelia Helfferich), der Hochschule Merseburg (Professorin Dr. Maika Böhm), der Freien Universität Berlin (Professorin Dr. Christine Knaevelsrud) sowie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm (Privatdozentin Dr. Silvia Krumm) durch. Im Projektbeirat sind neben medizinischen Expert*innen auch Fachgesellschaften und Beratungsverbände vertreten. Das Bundesministerium für Gesundheit fördert das Projekt mit insgesamt 4,28 Millionen Euro.  

„Angesichts von Forschungslücken wollen wir einen angemessenen Wissensstand zu ungewollten Schwangerschaften, zu den psychosozialen Beratungs- und Unterstützungsangeboten sowie zur medizinischen Versorgungssituation erarbeiten und entsprechende wissenschaftliche Daten zur Verfügung stellen“, sagt Professorin Dr. Daphne Hahn von der Hochschule Fulda, Koordinatorin des Projektverbundes. Das Projekt werde Bedarfe aus den Lebenssituationen der Frauen ableiten, Faktoren identifizieren, die positive und negative Entwicklungen beeinflussen und vulnerable Gruppen beschreiben. „Unsere Erkenntnisse sollen die Bundes- und Landespolitik sowie Institutionen und Einrichtungen dabei unterstützen, die Versorgung von Frauen mit ungewollten Schwangerschaften zu verbessern, unter anderem bei der Qualifizierung der Fachkräfte und beim Ausbau von Kooperationen und Schnittstellen.“

Das Forschungsvorhaben berücksichtigt dazu verschiedene Perspektiven, die durch Befragungen erhoben werden sollen. Frau Prof. Dr. Brzank und ihr Team bezieht sich hierbei insbesondere auf die Perspektive der Frauen, die sogenannten vulnerablen Gruppen zugeordnet werden. D.h. die Befragungen der Nordhäuser Forschungsgruppe konzentrieren sich auf die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen mit Flucht- und Migrationshintergrund sowie Frauen in Gewaltbeziehungen, die im Rahmen ihrer erschwerten Lebensbedingungen ungewollt schwanger wurden.

Im gesamten Forschungsverbund werden zudem betroffene Männer sowie Berater*innen und Ärzt*innen, Verbände und Fachgesellschaften befragt. Dabei soll erhoben werden, welche psychosozialen Versorgungs- und Unterstützungsangebote ungewollt schwangere Frauen bzw. Frauen im Kontext ihrer Entscheidung für das Austragen oder Abbrechen dieser Schwangerschaft (digital) zur Verfügung stehen, wie die medizinische Versorgungssituation zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland aussieht (sowohl die regionale Erreichbarkeit als auch die Qualität der Versorgung betreffend) und wie sie sich begründet.

Abschließend soll das derzeitige Beratungs- und Unterstützungsangebot mit den Bedarfen der Frauen abgeglichen werden. Sind die Angebote der psychosozialen und medizinischen Versorgung in ihren vielfältigen Formen und Schnittstellen den Bedarfen der Frauen mit ausgetragenen oder abgebrochenen Schwangerschaften angemessen? Welche Weiterentwicklungen halten professionelle Fachkräfte für nötig? Auf dieser Basis werden die Wissenschaftler(innen) Schlussfolgerungen für eine bessere Versorgung ziehen mit dem Ziel, die Frauen in ihrer schwierigen Lebenssituation bestmöglich zu unterstützen.

Das Verbundprojekt ist am 1. November 2020 gestartet und läuft bis 31. Oktober 2023. Die Förderung erfolgt im Rahmen der Ressortforschung im Handlungsfeld Gesundheitsversorgung des Bundesministeriums für Gesundheit.