PM 75/05: Kinderarmut führt zur Bildungsarmut

Nordhausen (FHPN) Obgleich der Titel des Vortrages "Jugendhilfe unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen" im Rahmen der Vortragsreihe "Impulse", die von Fachhochschule, Stadt Nordhausen und dem Wissenschaftlichen Verein - Förderverein der Fachhochschule Nordhausen getragen wird, diese Brisanz nicht erwarten ließ, deckte Prof. Dr. Roland Merten von der Universität Jena am gestrigen Dienstag unbequeme Ursachen der deutschen Bildungsmisere auf.

 

Dabei erwies sich der Referent als glaubhafter Vertreter seiner Zunft. Als gelernter Sozialpädagoge war Herr Merten mehrere Jahre in der Jugendhilfe tätig, bevor seine akademische Karriere ihn bis an den Lehrstuhl für Sozialpädagogik der Universität Jena führte. Konsequent führte er die Zuhörer daher zuerst in die theoretische Betrachtungsweise seiner wissenschaftlichen Positionen ein. Was ist Armut? Und wie versucht die Wissenschaft Armut zu definieren und vergleichbar zu machen? Dass die steigende Armut in Deutschland ihre Spuren im sinkenden Bildungsniveau hinterlässt, wies der Redner auch der steigenden Kinderarmut zu. Diese These untermauerte er durch beeindruckende Zahlen und Vergleiche. Strenge Armut definierte er als ein materielles Leben unter 40% des Durchschnittseinkommens einer Gesellschaft. Waren zu Beginn der 90iger Jahre hiervon annähernd eine Millionen Kinder und Jugendliche betroffen, wird nicht zuletzt die Hartz IV-Gesetzgebung diese Zahl auf 1,7 Millionen in Deutschland erhöhen. Internationale Vergleiche - wie die der bekannten Pisastudie - zeigen auf, dass Länder mit besonders niedriger Kinderarmut dort besonders gut abschnitten. Anerkennen musste er aber auch, dass allein materielle Transferleistungen des Staates dieses Problem allein nicht wird lösen können. Den Betroffenen müssen Chancen und Möglichkeiten verschafft werden, am ökonomischen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und sich selbst zu verwirklichen. Dies sei mit Geld allein nicht zu erreichen. Kinderbetreuung, pädagogische Hilfen und besonders auch das Bildungswesen gehört nach Prof. Merten mit auf den Prüfstand. Die vielen Zuhörer, unter ihnen Mitarbeiter des Fachbereichs Soziales/Jugend des Landratsamtes mit seiner Leiterin Christine Wagner, nutzten anschließend ausgiebig die Gelegenheit zur Diskussion mit dem Referenten.