Befreiungsbegriff im Diskurs

Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung vom Nationalsozialismus lud die Hochschule zu einem Online-Vortrag ein

Am 8. Mai 2020 ging Prof. Viktor Wesselak in einem Online-Vortrag unserem Umgang mit dem 8. Mai 1945 nach. Die Frage ob Deutschland am 8. Mai 1945 tatsächlich befreit worden ist oder es sich vielmehr um eine Niederlage und den totalen Zusammenbruch deutscher Ideen und Ziele gehandelt hatte, wurde insbesondere im bundesrepublikanischen Deutschland lange Jahre bei den wiederkehrenden Gedenktagen des 8. Mai 1945 nicht eindeutig beantwortet.

Der Streit über die Frage von Niederlage oder Befreiung verebbte erst nach der denkwürdigen Rede des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker im Jahre 1985. „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung", sagte der Bundespräsident. „Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft." Diese Sicht der Vergangenheit sollte 75 Jahre nach Kriegsende weitestgehend politischer Grundkonsens sein.

Dieser Konsens steht aber im deutlichen Widerspruch zu vielen Schlussstrichdebatten, wie sie von Rechtspopulisten geführt werden und Kriegsdokumentationen, die in ihrer Auswahl nach verfügbarem Bildmaterial und Zeitzeugen nur zum Teil der historischen Wahrheit verpflichtet sind. Beides trägt dazu bei, dass die Deutschen sich wieder als Opfervolk fühlen und gerade dadurch die eigentliche Bedeutung des historischen Ereignisses, der Befreiung vom Faschismus, die eben nicht aus eigener Kraft gelang, zunehmend in den Hintergrund gedrängt wird.

Der Vortrag vom 08. Mai 2020 steht auch schriftlich zur Verfügung und kann auf der Homepage der Hochschule als PDF-Datei heruntergeladen werden:

https://www.hs-nordhausen.de/fileadmin/daten/inRET/pdf/Vortrag_Wesselak_08-Mai-1945.pdf