Was geschah genau in Tschernobyl? Impulse-Vortrag klärte viele Fragen

Nordhausen (FHPN) Zum 20. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hielt Prof. Dr.-Ing. Viktor Wesselak einen packenden Vortrag über Ursachen und Hintergründe der Tragödie.

Im Rahmen der Vortragsreihe "Impulse", die von Fachhochschule, Stadt Nordhausen und dem Wissenschaftlichen Verein - Förderverein der Fachhochschule Nordhausen getragen wird, erfuhren die meisten der über hundert Zuhörer zum ersten Mal dezidiert und mit wissenschaftlicher Gründlichkeit, wie sich der fatale Unglücksverlauf im Reaktorblock 4 des sowjetischen Atommeilers ereignete.

Dass die Thematik nicht an öffentlichem Interesse verloren hatte war deutlich an der Resonanz zu spüren. Man konnte buchstäblich eine Stecknadel fallen hören, obgleich der Hörsaal 3 der Nordhäuser Hochschule bis auf den letzten Platz mit interessierten Bürgern und Studierenden belegt war, so gebannt lauschten die Besucher den Ausführungen des Referenten. Dieser vermittelte zuerst die Funktionsweisen der verschiedenen Atomreaktortypen, um im Anschluss die Besonderheiten des bislang größten anzunehmenden Unfalls (GAU) in der Geschichte der zivilen Nutzung der Kernenergie chronologisch aufzuzeigen. Wer hatte schon gewusst, wie viele Sicherheitsvorkehrungen, die Belegschaft von Tschernobyl überbrückt hatte, um eine Versuchsreihe durchführen zu können? Selbst dem verständigen Zeitungsleser dürfte es bislang auch unbekannt gewesen sein, dass lediglich 60 Sekunden Tatenlosigkeit die verhängnisvollen Ereignisse letztendlich bewirkten. Doch Professor Wesselak ging auch auf die menschliche Seite der Ereignisse ein, schließlich hatten die ortsansässigen Feuerwehrleute erst durch ihren Einsatz verhindert, dass sich die Katastrophe auch auf die anderen Reaktorblöcke auswirken konnte. Sie verhinderten so eine noch weitaus schlimmere Katastrophe, bezahlten diesen Einsatz aufgrund der hohen Strahlenbelastung aber fast alle mit ihrem Leben. Die in den Folgejahren eingesetzten hunderttausenden Helfer wurden dann schon nur noch dosiert der Strahlung ausgesetzt, obgleich exaktes Datenmaterial hierüber bis heute nicht erhältlich ist, kritisierte der Referent. Dass Tschernobyl auch heute noch selbst in Deutschland seine Spuren hinterlässt, brachte der Nordhäuser Wissenschaftler den anwesenden Gästen zum Ende seines Vortrages mahnend in Erinnerung. Besonders im Süden unserer Republik sei auch heute noch - 20 Jahre später - der Verzehr mancher Pilz- und Wildfleischsorten aufgrund der hohen Strahlendosis nicht zu empfehlen. Wie sehr der Referent die Besucher für die Thematik sensibilisiert hatte, zeigte sich im Anschluss seines Vortrages: Über eine halbe Stunde beantwortete er noch die Fragen der Gäste.

 

Nr. 039/2006 vom 26.04.2006