Noch viel zu tun - Kindeswohl geht alle an!

Ergebnis der Herbsttagung „Aufwachsen in schwierigen Zeiten – Kindeswohl zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ der Gilde Soziale Arbeit e. V. an der FHN veröffentlicht

Sozialexperte Merten fordert bessere Ausstattung für die Jugendhilfe

An der Fachhochschule Nordhausen hatten sich am ver­gangenen Wochenende über 80 Experten aus Wissenschaft und Praxis zusammengefunden, um über Verbesserungen im Bereich der Jugendhilfe zu beraten. Prof. Dr. Georg Hey, Professor für Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit im Studiengang Gesundheits- und Sozialwesen und Organisator der Veranstaltung, fasste nun die Ergebnisse der Fachtagung zusammen. Viel müsste demnach noch unternommen werden, um Jugendhilfe auf dem notwendigen Niveau gewährleisten zu können.

Der Begriff Kindeswohl taucht in der öffentlichen Diskussion leider immer nur dann auf, wenn es in spektakulärer Weise wie in den Fällen von Kevin und Lea verletzt wurde. Die Teilnehmer der Tagung waren sich indes einig, dass die Jugendhilfe viel früher an­setzen muss. Dies fängt bereits bei der rechtlichen Ausge­staltung an. Schon im Grundgesetz wird das Kindeswohl ausschließlich über die Eltern definiert, dabei; sind es oft überforderte Eltern, welche dem Kindeswohl ent­gegen­stehen. Eigene Rechte von Kindern finden sich erst in nach­ran­gigen Gesetzen, dabei sollten kindliche Perspektiven und Teil­habe im Mittelpunkt aller Anstrengungen stehen. Hierzu müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden. Prof. Dr. Roland Merten von der Uni Jena wies in seinem bemerkens­werten Vortrag „Ungleichheit und Armut“ deutlich auf die Folgen des Ausbleibens von mehr staatlicher Hilfe hin. Armut und schlechte Bildung werden zunehmend vererbt. Die Folge sind lebens­lange Transferleistungen für die betroffenen Kinder. Auch wenn eine intensive sozialpädagogische Betreuung aller betroffenen Kinder und Familien kurzfristig zwar teuer scheint, werden die lang­fristigen Folgen der Untätigkeit für die Gesellschaft wesent­lich teurer werden, mahnte der Sozialexperte und Mitautor des Thüringer Bildungsplanes an. Die Teilnehmer der Veranstaltung rufen daher alle Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft dazu auf, Kindeswohl als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahr­zunehmen und die Anstrengungen in diesem Bereich zu ver­vielfachen, indem der Jugendhilfe für die Wahrnehmung ihrer wichtigen Aufgaben die notwendigen Res­sour­cen und Fachkräfte zur Ver­fügung gestellt werden können.

 

Nr. 073/2008