Science Blog
Hochschule Nordhausen
Warum entscheiden sich Verbraucherinnen und Verbraucher manchmal gegen den Kauf eines neuen Smartphones und warten stattdessen auf zukünftige Innovationen?
Warum entscheiden sich Verbraucherinnen und Verbraucher manchmal gegen den Kauf eines neuen Smartphones und warten stattdessen auf zukünftige Innovationen?
Lesedauer: 1 Minute
In einer Ära, in der technologische Fortschritte in rasantem Tempo voranschreiten, stellt sich eine wichtige Frage: Warum entscheiden sich Verbraucherinnen und Verbraucher oft gegen den Kauf neuer Produkte und warten stattdessen auf zukünftige, verbesserte Versionen? In der Studie „If at first you don’t adopt – Investigating determinants of new product leapfrogging behavior“ von Jan Andre Millemann, Professor für Digitalisierung und digitales Marketing an der HS Nordhausen und seinen Co-Autoren Sven Heidenreich und Jan F. Killmer untersucht, welche Faktoren das Leapfrogging-Verhalten bei neuen Produkten beeinflussen. Die Studie basiert auf einer Umfrage unter 200 deutschen Unternehmen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden gebeten, ihre Erfahrungen mit der Einführung neuer Produkte zu bewerten und ihre Einschätzung zu den Faktoren abzugeben, die das Leapfrogging-Verhalten beeinflussen.
Leapfrogging beschreibt das Verhalten von Verbraucher:innen und Verbraucher, die bewusst auf den Kauf einer neuen Produktgeneration verzichten, um auf eine nachfolgende Version mit möglicherweise bedeutenderen technologischen Verbesserungen zu warten. Dieses Verhalten ist besonders in Märkten mit schnellen technologischen Fortschritten und kurzen Produktlebenszyklen zu beobachten, wie etwa im Smartphone-Markt. Die Autoren der Studie beleuchten, dass dieses Verhalten nicht nur die Einführung neuer Produkte erschwert, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf Unternehmen hat.
Während frühere Studien umfangreiche empirische Beweise für das Auftreten und die schädlichen Auswirkungen eines solchen Verhaltens gefunden haben, haben sich nur wenige Studien darauf konzentriert, die Natur und Determinanten des Leapfroggings zu untersuchen.
Die Studie von Millemann und seinen Kollegen zielt darauf ab, die Gründe für das Leapfrogging, das sich im Deutschen am besten mit Springverhalten übersetzen lässt, systematisch zu erforschen und empirisch zu validieren. Hierfür nutzten sie einen multimethodischen Ansatz, der eine systematische Literaturübersicht, qualitative Studien und eine groß angelegte quantitative Untersuchung umfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass die bisher bekannten theoretischen Erklärungen für Innovationsablehnung, wie aktive und passive Innovationsresistenz, die komplexen psychologischen Prozesse hinter dem Leapfrogging nicht vollständig erfassen.
Die Autoren führten daher das neue Konstrukt der „Leap-Disposition“ ein, das die Bereitschaft von Konsumentinnen und Konsumeten beschreibt, ein neues Produkt abzulehnen und stattdessen auf eine verbesserte zukünftige Produktgeneration zu warten. Diese Leap-Disposition erwies sich als wesentlicher Faktor für das Leapfrogging-Verhalten, neben den bereits etablierten Konzepten der aktiven und passiven Innovationsresistenz.
Die Wissenschaftler validierten und quantifizieren die relative Bedeutung sowohl etablierter Konstrukte (d.h. aktiver und passiver Innovationswiderstand) als auch der neu eingeführten leap disposition für das Springverhalten innerhalb einer groß angelegten Studie empirisch.
Damit konnte aufgezeigt werden, dass eine Reihe von Faktoren das Leapfrogging-Verhalten beeinflussen.
Die Erkenntnisse aus der Studie bieten wertvolle Einsichten für Produktmanagerinnen und Produktmanager und Marketingstrategien. Um das Leapfrogging-Verhalten zu reduzieren und die Einführung neuer Produkte zu fördern, sollten Unternehmen spezifische Strategien entwickeln, die sich auf die besonderen Bedürfnisse und Bedenken der Verbraucherinnen und Verbraucher fokussieren, die zum Leapfrogging neigen. Dies könnte beispielsweise durch gezielte Marketingkampagnen geschehen, die die Vorteile der aktuellen Produktgeneration hervorheben und die Unsicherheiten hinsichtlich zukünftiger Produkte minimieren. Zudem könnten Unternehmen von einer flexibleren Produktentwicklungsstrategie profitieren, die es ermöglicht, technologische Verbesserungen kontinuierlich und zeitnah in die Marktprodukte zu integrieren, anstatt auf große, sprunghafte Innovationen zu setzen.
Trotz der umfangreichen Forschung bleiben noch viele Fragen offen. Die Autoren betonen die Notwendigkeit weiterer Studien, um die psychologischen und sozialen Faktoren, die zum Leapfrogging-Verhalten beitragen besser zu verstehen. Außerdem sollten zukünftige Forschungen untersuchen, wie verschiedene Marktbedingungen und Produktkategorien das Leapfrogging beeinflussen.
Die Studie zeigt, dass es eine Reihe von Faktoren gibt, die Unternehmen berücksichtigen müssen, um das Leapfrogging-Verhalten bei neuen Produkten zu vermeiden. Dazu gehört die Entwicklung einer dynamischen Innovationskultur, die Investition in flexible Ressourcen und die Umsetzung einer effektiven Marketingstrategie.
Die Studie bietet Unternehmen wertvolle Einblicke in die Determinanten des Leapfrogging-Verhaltens. Diese Erkenntnisse können dazu genutzt werden, die Erfolgschancen neuer Produkte zu erhöhen und das Risiko eines Leapfrogging zu minimieren.
Die vollständige Publikation gibt’s hier zu lesen: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0040162521008684?via%3Dihub
Sandra Nioduschewski
Prof. Dr. Jan Andre Millemann