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Gibt es Influencerinnen-Marketing bzw. Influencer-Marketing auch im B2B-Bereich? Wenn ja, was unterscheidet es vom klassischen B2C-Marketing?

Gibt es Influencerinnen-Marketing bzw. Influencer-Marketing auch im B2B-Bereich? Wenn ja, was unterscheidet es vom klassischen B2C-Marketing?

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Veröffentlicht am: 27. September 2024



In den letzten Jahren hat die Bedeutung sozialer Netzwerke als Teil des Marketingmixes erheblich zugenommen. Während Marketingforscherinnen und Marktforscher das Phänomen der Influencerinnen und Influencer umfassend untersucht haben, gewinnt die Forschung zum Thema „Thought Leadership“ langsam an Fahrt. Um das Feld voranzutreiben, gibt die Publikation „Bridging the gap between B2B and B2C: Thought leadership in industrial marketing – A systematic literature review and propositions“ von Professor Dr. Jan Andre Millemann und seinen Co-Autorinnen und Co-Autoren tiefgehende Einblicke in die Rolle von Thought Leadership im modernen industriellen Marketing. Die Forschung zeigt, wie diese Strategie, die ursprünglich aus dem B2C-Bereich stammt, auch im B2B-Marketing erhebliche Auswirkungen haben kann.

Was bedeutet Thought Leadership denn nun genau und kann ein Unternehmen durch den klugen Einsatz zum unverzichtbaren Expertinnen und Experten in seiner Branche werden?

Thought Leadership ist mehr als nur ein Modewort im Marketing. Es handelt sich um eine strategische Positionierung, bei der Unternehmen und Einzelpersonen sich als Expertin bzw. Experten in ihrem Fachgebiet etablieren. Durch die Bereitstellung innovativer Erkenntnisse und zukunftsweisender Ideen bauen Thought Leader Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei ihren Zielgruppen auf. Diese Strategie hat besonders im B2B-Bereich an Bedeutung gewonnen, da Unternehmen zunehmend soziale Medien nutzen, um ihre Expertise zu demonstrieren und langfristige, vertrauensbasierte Beziehungen zu potenziellen Kunden aufzubauen. ​

Die Autorinnen und Autoren der Publikation betonen, dass der Hauptzweck von Thought Leadership im B2B-Marketing nicht die sofortige Umsatzsteigerung ist, sondern die Schaffung und Pflege langfristiger Beziehungen. Gerade in Zeiten der COVID-19-Pandemie, als traditionelle Verkaufsveranstaltungen und Messen nicht mehr möglich waren, haben viele Unternehmen ihre Marketing- und Vertriebsstrategien radikal in die digitale Welt verlagert.

Forschungsdefizite und Ziele

Ein zentraler Aspekt der Studie ist die Übertragung von Erkenntnissen aus dem B2C-Bereich auf das B2B-Marketing. Influencerinnen-Marketing und Influencer-Markerting hat sich im B2C-Bereich als äußerst effektiv erwiesen. Das Autoreteam schlagen vor, dass ähnliche Prinzipien auch im B2B-Bereich angewendet werden können. Dabei geht es nicht nur um die bloße Präsenz in sozialen Medien, sondern um die aktive Gestaltung und Beeinflussung von Meinungen und Entscheidungen durch gezielte und wertvolle Inhalte. Trotz dieses Trends hinkt die akademische Forschung zur Thought Leadership hinterher. Die Evidenz bleibt anekdotisch und meinungsgesteuert, wobei der Großteil der Beiträge in der Praxisliteratur veröffentlicht wird. Basierend auf dieser Beobachtung zielt diese Studie darauf ab, eine systematische Literaturübersicht der wachsenden akademischen Literatur zur Thought Leadership durchzuführen und eine Agenda für zukünftige Forschung zu entwickeln.

Theoretische Grundlagen

Thought-Leader und Social-Media-Influencerinnen bzw. Social-Media-Influencer teilen Informationen, um Einstellungen zu ändern und die Entscheidungsergebnisse potenzieller Käuferinnen und Käufer zu beeinflussen. Daher können sie beide als Marketing-Influencerinnen und Marketing-Influencer betrachtet werden. Thought-Leader sind Meinungsführerinnen und Meinungsführer in B2B-Märkten. Andererseits sind Social-Media-Influencerinnen und Social-Media-Influencer Meinungsführerinnen bzw. Meinungsführer in B2C-Märkten. Während Thought-Leader darauf abzielen, langfristige und vertrauensvolle Beziehungen zu Kunden aufzubauen, konzentrieren sich Social-Media-Influencerinnen und Social-Media-Influencer eher darauf, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Produkte oder Dienstleistungen zu lenken.

Methodik der Literaturübersicht

Die Studie basiert auf einer systematischen Literaturübersicht, die sowohl die bestehende Forschung zum Thema Though Leadership als auch zum Influencerinnen-Marketing bzw. Influencer-Marketing im B2C-Bereich zusammenfasst. Insgesamt wurden 47 relevante Artikel identifiziert und analysiert, um ein umfassendes Bild der aktuellen Forschungslage und der Lücken im Wissen zu zeichnen. Dabei wurden sowohl qualitative als auch quantitative Studien berücksichtigt, um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten.

Ergebnisse

Die systematische Literaturübersicht ergab einen Brückenschlag zwischen B2B- und B2C-Marketing durch die Untersuchung der Thought Leadership im industriellen Kontext. Von den 47 untersuchten Artikeln konzentrierten sich sechs auf Thought Leadership, während 41 dem B2C-Influencer-Marketing gewidmet waren. Die Studien zeigten, dass Thought Leadership im B2B-Marketing auf individuellen und positionsbezogenen Einflussfaktoren sowie auf Inhalte und Präsenz in sozialen Medien basiert. Besonders hervorgehoben wurden Kompetenz, Unternehmensstrategie und die Branche als einzigartige Faktoren für Thought Leadership. Auf der anderen Seite setzen B2C-Influencerinnen bzw. B2C-Infuencer im Social-Media-Marketing verstärkt auf Emotionen, Authentizität und Attraktivität, wobei Inhaltsstrategien und die Auswahl der Social-Media-Kanäle eine entscheidende Rolle spielen.

Die Auswirkungen von Thought Leadership im B2B-Bereich wurden anhand von Output-Faktoren wie der Leistung in sozialen Medien, der Beziehungsebene und der Gesamtunternehmensleistung untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die soziale Medienleistung durch Metriken wie Kommentare und Shares gemessen wird, während die Beziehungsebene die Kunden-Marken-Beziehung beeinflusst. B2C-Influencerinnen und B2C-Influencer hingegen beeinflussen das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher durch Emotionen und Authentizität, wobei die Interaktion und Präsenz in verschiedenen Kanälen zur Wirkung beitragen.

Die Diskussion hebt hervor, dass trotz einiger Parallelen zwischen B2B- und B2C-Marketing spezifische Unterschiede bestehen, die feinere Definitionen, Messungen und eine verstärkte Methodenrigorosität erfordern. Die vorgeschlagenen Propositionen aus beiden Bereichen bieten einen Ausgangspunkt für zukünftige Forschungsansätze, die zu einem besseren Verständnis der Domänen und der Entwicklung effektiverer Marketingstrategien beitragen können.

Insgesamt liefert diese Studie einen Beitrag zur Schließung der Forschungslücke zwischen B2B- und B2C-Marketing und regt weitere Untersuchungen an, um die Rolle von Thought-Leadern im industriellen Marketing besser zu verstehen, insbesondere vor dem Hintergrund der Bedeutung von Social Media und der Verlagerung hin zu virtuellen Interaktionen während der COVID-19-Pandemie.

Weiterführende Forschung und Fazit

Die systematische Literaturübersicht ergab, dass sich die Forschung in Thought Leadership und B2C-Influencer-Marketing in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befindet. Die Thought Leadership Forschung ist größtenteils konzeptionell und qualitativ, während die B2C-Influencer-Marketingforschung einen quantitativen/deduktiven Ansatz verfolgt. Beide Bereiche untersuchen verschiedene Social-Media-Kanäle wie YouTube, Facebook, Twitter und Instagram.

Insgesamt zeigt die Zusammenfassung, dass B2B- und B2C-Forschung zum Thema Einflussmarketing einige Parallelen aufweisen, aber auch spezifische Unterschiede aufweisen. Die Identifizierung und Untersuchung dieser Unterschiede kann zu einem besseren Verständnis der jeweiligen Domänen und zur Entwicklung effektiverer Marketingstrategien führen.

Die vorliegende Studie trägt dazu bei, die Lücke zwischen B2B- und B2C-Forschung zu schließen und das Verständnis des industriellen Kaufverhaltens zu vertiefen. Durch die Entwicklung von Vorschlägen werden zukünftige Forschungsprojekte angeregt, um die Rolle von Thought-Leadern im industriellen Marketing besser zu verstehen.

Mehr Informationen dazu? Hier geht’s zu Publikation: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0019850122001791?via%3Dihub



Autor

  • Sandra Nioduschewski

    Sandra Nioduschewski

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    Prof. Dr. Jan Andre Millemann