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Hochschule Nordhausen


Eine gute Ordnung im Datengarten verbessert die Ernte – Was bedeutet Forschungsdatenmanagement (FDM)

Eine gute Ordnung im Datengarten verbessert die Ernte – Was bedeutet Forschungsdatenmanagement (FDM)

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Veröffentlicht am: 27. September 2024


von Romy Meyer (Referat Forschung und Wissenschaftstransfer | Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Forschungsdatenmanagement und Forschungsinformationssystem. Mit Erfahrung in Datenhaltung, Archivierung und Sozialwissenschaft verstärkt sie das Referat Forschung und Wissenschaftstransfer der Hochschule.) 

Forschen heißt sich auf die Suche nach neuen Erkenntnissen zu begeben, aber auch die Vorgehensweise nachvollziehbar zu dokumentieren und die Ergebnisse anderen sowie der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Akribie und Fleiß gehören untrennbar dazu, weshalb ein guter und strukturierter Umgang mit den dabei entstehenden Daten unerlässlich ist.

Seit einigen Jahren wird in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft in steigendem Maße der Bedarf und der Mehrwert gesehen, nicht allein das Resultat von Forschungsarbeit im Rahmen von Vortrag, Tagung oder Publikation zur Verfügung zu stellen, sondern ebenso die zugrundeliegenden Daten zu publizieren. Immer häufiger wird von den etablierten Forschungsfördernden deshalb verlangt, entsprechende Konzepte bei der Antragstellung vorzulegen und die Forschungsdaten nach Abschluss des Projekts zur Nachnutzung zur Verfügung zu stellen. Es kann sich dabei je nach Fachdisziplin um ganz unterschiedliche Arten in diversen Formaten handeln, wie beispielsweise Messdaten und Laborergebnisse, Programmiercodes und Berechnungen, aber auch Interviewdaten, Umfragen oder Transkriptionen. Diese Vielfalt und Heterogenität werfen ein erstes Licht auf die komplexen Fragestellungen eines guten Forschungsdatenmanagements, bei dem es zahlreiche unterschiedliche Aspekte zu beachten gilt. Die so genannten FAIR-Prinzipien[1] haben sich dabei als Richtschnur für einen guten und nachvollziehbaren Umgang mit Forschungsdaten etabliert. Sie liefern eine Orientierung, was in der Datenhaltung zu beachten ist.

‚Das Beet bestellen‘ – Rahmenbedingungen des Forschungsdatenmanagements

Dass im Rahmen von Forschungsprojekten eine Vielzahl an Daten erhoben und gesammelt wird, ist nichts Neues und hinlänglich bekannt. Lagen diese im analogen Zeitalter in Mappen, Ordnern und Kartons in Papierform vor, so bietet das digitale Zeitalter komfortable Möglichkeiten, diese Informationen nicht im Keller verstauben zu lassen. Vielmehr eröffnen sich Chancen, Zeit und Ressourcen zu sparen und die erhobenen Daten nachhaltig weiter zu nutzen. Das wurde auch von der Hochschulrektorenkonferenz erkannt und im Jahr 2014 in der Empfehlung „Management von Forschungsdaten – eine zentrale strategische Herausforderung für Hochschulleitungen“[2] festgehalten. Seitdem hat sich einiges getan. Beispielsweise findet sich das FDM im DFG-Kodex „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ wieder, der damit seit 2019 verbindliche Regelungen für eine Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft setzt[3]. Auch andere Forschungsförderer, wie die Europäische Kommission, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) oder die Volkswagenstiftung listen verschiedene Vorgaben, insbesondere was das Forschungsdatenkonzept oder einen Datenmanagementplan (DMP) bei der Beantragung von Geldern betrifft[4]. Zudem können in einigen Fällen auch Kosten geltend gemacht werden, die durch das FDM im Projekt zu erwarten sind. Jede Förderlinie setzt ihre eigenen Maßstäbe. Die rechtzeitige Planung guter und strukturierter Datenhaltung ist jedenfalls inzwischen häufig ein Teil bei der Beantragung von Forschungsgeldern.

‚Hege und Pflege‘ – Der Anspruch an die Forschungsdaten

Das Akronym FAIR steht für „Findable Accessible Interoperable Reusable“ und hat sich zu einem Standard in der FDM-Community entwickelt. Die Begriffe definieren den Anspruch an einen nachhaltigen Umgang mit gewonnenen Forschungsdaten. „Findable“ unterstreicht, dass die Daten aufgrund guter Beschreibungen, der Verwendung von Metadaten, durch Identifikatoren wie z.B. die DOI in Portalen bzw. Repositorien schnell und übersichtlich zu finden sein sollen. „Accessible“ meint, dass sie verfügbar bzw. zugänglich sein sollen. Hierbei heißt es zudem Datenschutzgesichtspunkte und andere Schutzrechte zu beachten. Nicht alles ist gleich frei zugänglich, aber gute Metadaten können Nachweise liefern. Vertrauenswürdige digitale Archive und Repositorien bieten technische Lösungen. Die EU-Förderrichtlinien Horizon 2020[5] formulierte es als ‚As open as possible, as closed as necessary.‘ Hinter dem Prinzip „Interoperable“ verbirgt sich, dass Daten aufgrund ihrer Struktur austausch- und vergleichbar sein sollen. Sie können dabei, möglichst automatisiert, mit anderen Daten und Anwendungen verknüpft werden. Standards und einheitliche Begrifflichkeiten fördern das Erreichen dieser Regel. Wichtiges Ziel des FDM ist schließlich, dass die gewonnenen Daten „Reusable“ sind. Dazu gehört das Einräumen von Nutzungsrechten über Lizenzen oder aber auch das Offenlegen von Informationen zum Entstehungsprozess bzw. der Herkunft der Daten. Der Mehrwert, dass gut aufbereitete Daten in andren Szenarien verwendet werden können und nicht neu erhoben werden müssen, ergibt sich erst durch das Zusammenspiel dieser Ansätze[6]. Im besten Fall können die vorhandenen Daten, die zu großen Teilen aus öffentlich finanzierter Forschung generiert sind, für weitere Erkenntnisse genutzt und zu Rate gezogen werden und das kann Zeit und Ressourcen sparen.

‚Stutzen und Binden‘ – Blütenpracht im Strauß aus Daten

Ein Datenmanagementplan[7], kurz auch DMP genannt, wird vielfach vor Beginn eines Forschungsprojekts bei der Antragstellung gefordert. Dieses zentrale Instrument ist quasi eine Beschreibung des beabsichtigten Umgangs mit den im Projekt zu erhebenden Daten. Im DMP sollen konkrete praktische Handhabungen im Umgang mit den Daten festgelegt werden. Darüber hinaus ist eine regelmäßige Überprüfung dieser Festlegungen und ggf. eine Nachjustierung und Anpassung notwendig. Alle im Projekt Mitarbeitenden sollten diese zentrale Konvention kennen – nicht nur, um den Anforderungen des Mittelgebers gerecht zu werden, sondern auch um die Zusammenarbeit im Team zu erleichtern und um die Ergebnisse transparent und nachvollziehbar zu halten. Zur Erstellung eines DMP stehen inzwischen verschiedene Programme oder Werkzeuge zur Verfügung[8].

Die Forschungsdaten durchlaufen im Laufe eines Projekts unterschiedlichen Stadien. Sie werden geboren, wachsen und leben bevor sie scheinbar sterben, können aber durch Nachnutzung neu aufblühen. Unterteilt wird dieser so genannte Forschungsdatenlebenszyklus in sechs Phasen: Planung, Erhebung, Analyse, Archivierung, Zugang und Nachnutzung. Ziel des Forschungsdatenmanagements ist es, die Daten von Beginn an gut zu strukturieren, um ein späteres Leben der Daten bzw. die Nachnutzung zu ermöglichen. Ein institutionelles FDM unterstützt hierbei, beispielsweise über Ansprechpartner, die bei konkreten Anliegen wie der Drittmittelakquise, der Nutzung von Repositorien oder aber im Projektverlauf zur Seite stehen. Auch sind Hilfestellungen durch Handreichungen, Tools, Schulungen oder Tutorials verfügbar. Der Verein Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI e.V.)[9] hat sich beispielsweise als Ziel gesetzt, Angebote zu vernetzen und Infrastrukturen für das FDM zu fördern, da FDM ein essentieller Bestandteil von Forschung geworden ist.

Ein bunter Datengarten am grünen Campus der Hochschule Nordhausen

Da Forschungsdatenmanagement in den zurückliegenden Jahren zunehmend wichtig geworden ist, wurde im Jahr 2022 auch für die kleine, aber forschungsstarke Thüringer Hochschule Nordhausen eine „Leitlinie zum Umgang mit Forschungsdaten[10]“ beschlossen. Eine begleitende Handlungsempfehlung hierzu steht über das Referat Forschung und Wissenschaftstransfer zur Verfügung, denn seit 2023 geht es dort mit verstärkten Kräften weiter. Im Rahmen des BMBF geförderten Projekts „FDM-HAW Kompetenzcluster Jena-Erfurt-Nordhausen-Schmalkalden“ (FDM-HAWK, Förderungskennzeichen 16FDFH107A) wurde im Referat Forschung und Wissenschaftstransfer eine Anlaufstelle eingerichtet, die beim strukturierten und nachhaltigen Umgang mit Daten unterstützt und mit dem schon länger bestehenden Thüringer Kompetenznetzwerk Forschungsdatenmanagement (TKFDM)[11] vernetzt ist. Durch diese Anbindung können auch Veranstaltungen und Schulungen zum Thema mitgenutzt werden. Auch in der im Juni 2023 verabschiedeten „Satzung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, zur Vermeidung wissenschaftlichen Fehlverhaltens und für den Umgang mit Verstößen an der Hochschule Nordhausen (HSN-SgwP)[12]“ werden der Umgang mit Forschungsdaten und auch die FAIR-Prinzipien umrissen. Die Mitgliedschaft in der NFDI e.V. ist ebenfalls beantragt. International und deutschlandweit entwickelt sich die FDM-Community sehr dynamisch weiter: Es entstehen fachspezifische Verbünde, technische Lösungen und Tools werden entwickelt, um die Datenqualität zu verbessern, Plattformen und Repositorien sowie Speicherlösungen für die Langzeitverfügbarkeit werden aufgebaut. Um Teil dieser Entwicklung zu sein und den Erwartungen der Forschungsförderer gerecht zu werden, setzt die Hochschule Nordhausen auf Wissen und Unterstützung vor Ort sowie die Zusammenarbeit mit wichtigen Akteuren im Forschungsdatenmanagement. Nur im Schritthalten mit den aktuellen Entwicklungen beim nachhaltigen Umgang mit den gewonnenen Daten kann der „Datengarten“ blühen und die Sichtbarkeit und den guten Ruf der nordthüringischen Hochschule stärken.


[1] Wilkinson, M. D. et al. The FAIR Guiding Principles for scientific data management and stewardship. Sci. Data 3:160018 doi: 10.1038/sdata.2016.18 (2016)

[2] https://web.archive.org/web/20221106202250/https://www.hrk.de/positionen/beschluss/detail/management-von-forschungsdaten-eine-zentrale-strategische-herausforderung-fuer-hochschulleitungen/ (eingesehen am 22.08.2024)

[3] https://zenodo.org/records/6472827 (eingesehen am 22.08.2024)

[4] Eine Übersicht zu etablierten Fördereinrichtungen findet sich unter https://forschungsdaten.info/themen/informieren-und-planen/forschungsdatenmanagement-und-forschungsfoerderer/#c492536  (eingesehen am 22.08.2024). Entscheidend sind die in der jeweiligen Förderlinie beschriebenen Anforderungen.

[5] https://research-and-innovation.ec.europa.eu/funding/funding-opportunities/funding-programmes-and-open-calls/horizon-2020_en

[6] vgl. https://forschungsdaten.info/themen/veroeffentlichen-und-archivieren/faire-daten/ (eingesehen am 24.08.2024)

[7] Ein DMP wird in einigen Förderlinien explizit erwartet, weitere Informationen unter https://forschungsdaten.info/themen/informieren-und-planen/datenmanagementplan/

[8] Eine Übersicht zu DMP-Tools findet sich unter https://forschungsdaten.info/themen/informieren-und-planen/datenmanagementplan/

[9] vgl. https://www.nfdi.de/

[10] vgl. https://hs-nordhausen.de/forschung/referat-forschung/forschungsdatenmanagement/

[11] vlg. https://forschungsdaten-thueringen.de/home.html

[12] https://hs-nordhausen.de/fileadmin/Dateien/Service/2021/7_23_Amtliche_Bekanntmachungen.pdf


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