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Hochschule Nordhausen
Wie können Unternehmen das Wissen über den Innovationsentscheidungsprozess nutzen, um den Markterfolg neuer Produkte zu steigern?
Wie können Unternehmen das Wissen über den Innovationsentscheidungsprozess nutzen, um den Markterfolg neuer Produkte zu steigern?
Die Markteinführung innovativer Produkte ist ein entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg vieler Unternehmen. Doch trotz umfangreicher Forschung und millionenschwerer Investitionen scheitern viele neue Produkte daran, die Zustimmung der Konsumentinnen und Konsumenten zu gewinnen. Woran liegt das? Professor Dr. Jan A. Millemann und seine Kollegen untersuchten diese Fragestellung in ihrer Publikation “Connecting the Dots: A Bibliometric Analysis on the Consumer Innovation−Decision Process” und liefern spannende Erkenntnisse darüber, wie Unternehmen das Wissen über den Innovationsentscheidungsprozess der Konsumentinnen und Kosumenten besser nutzen können, um den Markterfolg neuer Produkte zu steigern.
Trotz jahrzehntelanger Forschung und unzähliger Studien zur Entscheidungsfindung von Konsumentinnen und Konsumenten bei der Einführung neuer Innovationen gelingt es den Unternehmen oft nicht, dieses Wissen gewinnbringend in die Praxis umzusetzen. Dies zeigt sich deutlich in der anhaltend hohen Ablehnungsrate neuer Produkte durch die Konsumentinnen und Konsumenten. Diese Diskrepanz stellt eine der größten Herausforderungen für Produktmanagerinnen und Produktmanager dar, die sich auf die Vermarktung von Innovationen konzentrieren. Die Arbeit von Prof. Millemann et al. untersucht diese Problematik durch eine systematische Literaturübersicht sowie durch bibliometrische Analysen, um den aktuellen Wissensstand zu bewerten und zukünftige Forschungswege aufzuzeigen
Der Innovationsentscheidungsprozess, wie er von Rogers (2003)[1] beschrieben wird, umfasst fünf Phasen: Wissen, Überzeugung, Entscheidung, Implementierung und Bestätigung. In diesen Phasen durchläuft ein Individuum von der erstmaligen Kenntnisnahme einer Innovation bis hin zur endgültigen Bestätigung der Entscheidung, diese zu übernehmen oder abzulehnen. Prof. Millemann und seine Kollegen beleuchten in ihrer Analyse, wie dieser Prozess im Detail abläuft und welche Faktoren ihn beeinflussen.
Die Analyse basiert auf einem umfassenden methodischen Ansatz, der sowohl quantitative als auch qualitative Forschungsmethoden umfasst. Insbesondere die bibliometrische Analyse und die Ko-Zitationsanalyse spielen eine zentrale Rolle. Durch die Untersuchung von Zitationsmustern und die Identifikation von Forschungsclustern konnten die Autoren die einflussreichsten Studien und Theorien in diesem Bereich herausarbeiten.
Die Analyse ergab fünf zentrale Forschungscluster, die verschiedene Aspekte des Innovationsentscheidungsprozesses abdecken: Innovation Adoption, Technology Acceptance, Innovation Perception, Innovation Rejection und Consumer Decision Making.
„Innovation Adoption” ist das umfangreichste und am tiefsten erforschte Cluster. Es basiert auf der Diffusionstheorie von Everett M. Rogers (2003), die beschreibt, wie Innovationen innerhalb einer sozialen Gruppe übernommen werden. Innerhalb dieses Clusters wird untersucht, welche Faktoren die Adoption neuer Produkte beeinflussen, darunter relative Vorteile, Kompatibilität, Komplexität, Testbarkeit und Beobachtbarkeit.
„Technology Acceptance” konzentriert sich auf die Akzeptanz neuer Technologien durch Konsument:innen und Organisationen. Modell wie das Technology Acceptance Model (TAM) von Davis (1985)[2] untersucht, wie Faktoren wie wahrgenommene Nützlichkeit und Benutzungsfreundlichkeit die Akzeptanz neuer Technologien beeinflussen.
„Innovation Perception” untersucht, wie Konsumentinnen und Konsumenten Innovationen wahrnehmen und welche psychologischen und sozialen Faktoren ihre Wahrnehmung beeinflussen. Aspekte wie Innovationsneigung, Risikobereitschaft und Vertrauen sind hier von zentraler Bedeutung. Diese Studien analysieren, wie die Wahrnehmung von Unsicherheit und Risiko die Entscheidung zur Adoption oder Ablehnung einer Innovation beeinflusst.
„Innovation Rejection” befasst sich mit den Gründen, warum Konsumentinnen und Konsumenten Innovationen ablehnen. Hier werden Faktoren wie wahrgenommene Unvereinbarkeit, hohe Komplexität und das Fehlen eines wahrgenommenen Mehrwerts untersucht. Studien in diesem Bereich analysieren auch, wie negative Erfahrungen und Mundpropaganda die Ablehnung verstärken können.
„Consumer Decision Making” untersucht die Entscheidungsprozesse von Konsumentinnen und Konsumenten im Kontext von Innovationen. Hier werden Modelle und Theorien herangezogen, die beschreiben, wie sie Informationen verarbeiten und Entscheidungen treffen. Kognitive Dissonanz, Entscheidungsheuristiken und die Rolle von Emotionen sind zentrale Themen.
Die Erkenntnisse aus der Arbeit von Prof. Millemann und seinem Autorenteam bieten wertvolle Anhaltspunkte für die Praxis. Unternehmen können die identifizierten Forschungscluster nutzen, um gezielt auf spezifische Aspekte des Innovationsentscheidungsprozesses einzugehen. Insbesondere die Erkenntnis, dass Unsicherheit und das wahrgenommene Risiko zentrale Hemmnisse bei der Adoption von Innovationen darstellen, kann Produktmanagerinnen und Produktmanager helfen, Strategien zu entwickeln, die diese Barrieren überwinden.
Die Studie identifiziert auch sechs vielversprechende Forschungsrichtungen, die bestehende Wissenslücken schließen könnten. Dazu gehört unter anderem die experimentelle Erforschung der Rolle verschiedener Wissensformen im Innovationsentscheidungsprozess und die Untersuchung der Auswirkungen von allgemeinen und bereichsspezifischen Kenntnissen auf die Entscheidungsfindung.
Hier geht’s zur vollständigen Publikation: https://dx.doi.org/10.1142/S1363919622500311
[1] Rogers, EM (2003). Diffusion of Innovations, 5th Edition. New York: Free Press.
[2] Davis, F. D. (1985). A technology acceptance model for empirically testing new enduser information systems: Theory and results (Doctoral dissertation, Massachusetts
Institute of Technology).