(Fotos: Tim Rückschloß / HSN)
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14. November 2025
An der Hochschule Nordhausen waren am 10.11.2025 unter der organisatorischen Leitung von Prof. Dr. Viola Sporleder-Geb die Schauspieler Stefan Dehler und Christoph Huber (Theaterproduktion „stille hunde“) sowie der Leiter der südniedersächsischen KZ-Gedenkstätte Moringen, Stefan Wilbricht, zu Gast.
(Fotos: Tim Rückschloß / HSN)
Zunächst erlebte das Publikum nach der Begrüßung durch Vizepräsidentin Prof. Cordula Borbe ein berührendes und zugleich aufwühlendes Theaterstück, das 2009 von den beiden Schauspielern gemeinsam mit der Gedenkstätte anhand von Zeitzeugenberichten als „Klassenzimmerstück“ für die Bildungsarbeit an Schulen konzipiert wurde.
In diesem Stück, dessen Titel den vom NS-Staat gerne verwendeten Begriff der „Besserung“ aufgreift, geht es um das Leben des vierzehnjährigen Franz, der 1942 bei den NS-Jugendbehörden als „Herumtreiber“ und „Pubertätsversager“ aktenkundig und nach zwei Fluchtversuchen aus dem Jugendheim in das sogenannte „Jugendschutzlager“ Moringen überstellt wird. Die Geschichte des Häftlings Franz ist eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der sich sein Sohn mit dem Sohn von Willi, einem früheren Mithäftling, trifft – nach dem Tod der Väter, die aus Scham ihre KZ-Haft verschwiegen haben. Mühsam tragen die beiden Söhne nun das Wissen über die Geschichte des Jugend-KZ zusammen. In Rückblenden werden Situationen aus den 1940er Jahren erzählt sowie Erinnerungen von Franz, die er kurz vor seinem Tod noch seinem Sohn anvertraut hat. Dabei wird deutlich, wie willkürlich damals Einweisungen in das polizeiliche Jugendschutzlager Moringen erfolgten, wofür etwa vermeintliche Unerziehbarkeit, das Nichterscheinen zur Arbeit, das Hören von verbotener Swing-Musik oder die Ablehnung der NS-Jugendorganisationen ausreichten, und wie sehr permanente, systematische Gewalt und Erniedrigung im Lager die jungen Menschen für immer traumatisiert haben. „Das Schlimmste war der Hunger“, sagt Franz rückblickend und er gesteht in einem Abschiedsbrief an Willi beschämt, dass er ihn im Lager bestohlen habe – ein Blechlöffel, eine Mütze, ein Handtuch, überlebenswichtige Kostbarkeiten, die er gegen Brotkanten eintauschte, um selber nicht zu verhungern. Die Angst, wieder hungern zu müssen, hat sich bei Franz und Willi für den Rest ihres Lebens eingebrannt; Willis Sohn wird nun klar, warum sein Vater ihn ein einziges Mal schlug – damals als er achtlos eine Brotscheibe weggeworfen hatte.
Das Theaterstück ging unter die Haut und so war es gut, dass im Anschluss die Möglichkeit zu einem intensiven Austausch bestand. Das sichtlich berührte Publikum stellte viele Fragen. Stefan Dehler und Christoph Huber berichteten zudem über die Entstehungsgeschichte des Stücks und wie sie die Aufführungen an verschiedenen Orten erleben. Stefan Wilbricht erläuterte mit erschreckenden Details die Geschichte des erst 1973 offiziell anerkannten KZ Moringen, in dem von 1940 bis 1945 ca. 1.400 männliche Jugendliche im Alter zwischen 13 und 23 Jahren inhaftiert waren. Zuvor diente es von Ende 1933 bis 1938 als Frauen-KZ. Bereits im April 1933 wurden politische Gegner nach Moringen überstellt – damit gehörte Moringen zu den ersten vom NS-Staat errichteten Konzentrationslagern.
Am Ende bleibt festzuhalten, dass es wichtig ist, Geschichte lebendig zu halten und aufzuzeigen, wie sich die Abschaffung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auswirkt, gerade in Zeiten von Geschichtsleugnung, Desinformation und dem in verschiedenen repräsentativen Umfragen festgestellten Vertrauensverlust in die Demokratie.
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