„Gedenke!“

Die jüdischen Friedhöfe im Landkreis Nordhausen haben Informationstafeln bekommen

Fotos: Marie-Luis Zahradnik

Auf den städtischen Friedhöfen sind viele Gräber mit Tannenzweigen abgedeckt und ein Gesteck als letzter Gruß ziert das Totenbett. Über die Begräbnisplätze legt sich eine Ruhe und Stille. Für die jüdischen Friedhöfe gilt dieser Brauch weniger, da die jüdische Erinnerungskultur anderen religiösen Maximen und Kulttraditionen folgt.

„Gedenke!“ so lautet die sinngemäße Übersetzung von Jiskor, einem Gedenkgebet an die verstorbenen Angehörigen, das etwa viermal im Jahr gesprochen wird. Es lädt zum Beten und zum Erinnern an die jüdische Tradition in die Synagoge ein, denn die Synagoge ist der religiöse Ort für die Lebenden.

Im Projekt „Digitalisierung der jüdischen Friedhöfe im Landkreis Nordhausen“ der Hochschule Nordhausen wird daran gearbeitet, die Friedhöfe in Bleicherode, Ellrich und Nordhausen mit ihren Grabmalen und Besonderheiten im digitalen Raum sichtbar zu machen. Schon jetzt wird über die Geschichte und Besonderheiten vor Ort mit einer Tafel und einem verlinkten QR-Code informiert. „Jüdische Grabkultur geht digital“: Über die kleine Tafel mit dem QR-Code können weitere Informationen über die Friedhöfe im Online-Portal www.juedisches-leben-thueringen.de von MENORA nachgelesen werden. Zudem werden dort die Texte auf den Informationstafeln auch in den Sprachen Englisch und Russisch mit angeboten.

Auch auf den Grundstücken der nicht mehr existierenden Friedhöfe in Sülzhayn und Werna, die auch keine Grabmale mehr vorweisen, wurden kürzlich solche Tafeln aufgestellt. Sie enthalten neben der historischen Erklärung auch Namen von Juden, die nachweislich um 1808 in den Orten lebten.

Ein nächster Schritt ist, die Friedhöfe, religiöse Lebensmittelpunkte und Wohnstätten in einer Broschüre und digitalen Karte für Interessierte zugänglich zu machen.

Die Tafeln gehen auf die Initiative von Dr. Marie-Luis Zahradnik zurück. Sie intensivierte das Vorhaben im Austausch mit der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, den lokalen Initiativen und Stadtverwaltungen und deren Friedhofsverwaltung und deren Bauhof. Die Bürgermeister in Bleicherode, Ellrich (mit Berücksichtigung von Werna und Sülzhayn) und Nordhausen begleiteten das Vorhaben engagiert und organisierten beispielsweise für ihre Städte die notwendigen baulichen Maßnahmen. Sie setzten sich in Gesprächen ein und unterstützten eine schnelle Abstimmung für die Umsetzung des Vorhabens in ihren Verwaltungen. Der Bleicheröder Bürgermeister Frank Rostek ging noch weiter und organisierte eine große Runde u. a. mit Akteuren vor Ort, aus der Politik und Wissenschaft, um die Sanierungsmaßnahmen des Kanzlei-Karrees inhaltlich mit Leben zu füllen. Das schlägt sich in der Zusammenführung von Ideen und Notwendigkeiten in der anhaltenden gemeinsamen konzeptionellen Arbeit nieder. Bleicherode hat das Potential mit seinen Zeugnissen ein wichtiger Ort für jüdische Geschichte mit Gegenwartsbezug zu werden.

Die jüdische Landesgemeinde Thüringen, die Städte und die Hochschule Nordhausen danken der Thüringer Staatskanzlei für die Förderung des Digitalisierungsprojekts, das die inhaltliche Gestaltung der Informationstafeln erst ermöglichte, dem Digitalisierungszentrum der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena, und allen denen, die die Umsetzung der Tafeln unterstützt haben, allen voran bei Herrn Heise vom Verein Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., dem Landratsamt Nordhausen durch Gewährung einer Zuwendung entsprechend des Bundesprogramms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit – Bundesweite Förderung lokaler Partnerschaften für Demokratie“, kofinanziert durch das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit, und der Kreissparkasse Nordhausen.