Nordhäuser Hochschulgespräch hatte große Resonanz

Nordhausen: (FHPN) Vor einem sehr gut gefüllten Hörsaal hatte gestern die FHN eine Premiere: Zum ersten Mal fanden die "Nordhäuser Hochschulgespräche" statt, die zukünftig in lockerer Folge ein Forum für einen Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis bieten sollen. Referent des Vortrages "Steuerreform - Wunsch und Wirklichkeit" war Dr. Hans-Peter Dannhorn, der an der FHN den Bereich "Steuern und Internes Rechnungswesen" vertritt.

Die Rektorin zeigte sich erfreut über die Resonanz, die die Einladung in der Stadt wie der Region gefunden hatte und hieß alle Anwesenden an der Fachhochschule Nordhausen willkommen. Zugleich dankte sie den Mitgliedern des Verbandes der Wirtschaft Nordhausen e.V. und der Nordbrand AG, die diese Veranstaltung tatkräftig unterstützt haben. Anschließend stellte sie den Referenten des Abends, Dr. Dannhorn, vor. Dr. Dannhorn kann aus einem reichen beruflichen Erfahrungsschatz schöpfen. Zu Beginn seines Vortrages verdeutlichte Dr. Dannhorn nochmals den Ausgangspunkt der Diskussion um eine große Steuerreform, die mit der Zielsetzung antrat, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland durch Senkung der Belastungsquoten und einer damit verbundenen deutlichen Vereinfachung des Steuerrechts im internationalen, insbesondere im europäischen Umfeld zu stärken. Gleichzeitig sollte dadurch ein Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit geleistet werden. Diese Ziele wurden im Steuerentlastungsgesetz ergänzt um die Forderung nach einer spürbaren Entlastung von Arbeitnehmern und Familien.

Dr. Dannhorn zeigte auf, daß Deutschland im Vergleich zu Großbritannien, den Niederlanden und den USA sowohl im Vergleich der Steuersatzquoten als auch der Steuerbelastung anhand eines Modellbetriebes Defizite aufweist und aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs zwischen den einzelnen Ländern im Zuge der fortschreitenden Globalisierung ein dringender Handlungsbedarf gegeben ist. Anhand dieser "Meßlatte" verglich Herr Dr. Dannhorn die durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 verabschiedete Maßnahmenpaket mit den gesetzten Zielstellungen. Dabei kam er zu dem Schluß, daß mit dem Steuerentlastungsgesetz der Unternehmensbereich zumindest eindeutig belastet wird und dadurch keine zusätzlichen Impulse für Wachstum und Beschäftigung zu erwarten sind. Die Ausgestaltung und unpräzise Formulierungen in großen Teilen des Gesetzeswortlauts führen darüber hinaus dazu, daß eine Steuerverkomplizierung eintritt, die hinsichtlich ihres Ausmaßes alles bis dahingehend Bekannte in den Schatten stellt. Dies führe sogar so weit, daß nach seiner Ansicht verschiedene Regelungen wegen ihrer rechtlichen Unbestimmtheit, ihrer in Grenzfällen eindeutig auftretenden Überbelastungen und vorhandenen Inkonsistenzen verfassungsrechtlich höchst bedenklich seien. Dies machte er an Beispielen zum 630,-DM-Gesetz, zur Behandlung des Mehrkontenmodells, der Streichung der Sonderausgabenabzugs von Zinsen für Steuernachforderungen und den Regelungen zur Verlustrechnung deutlich. Einzig im Bereich der Entlastung von Arbeitnehmern und Familien ist mit dem Steuerentlastungsgesetz und den bisher verabschiedeten Begleitregelungen (630,-DM-Gesetz, Scheinselbständigkeit) eine Zielerreichung feststellbar. Jedoch bleibt nach seiner Meinung auch in diesem Bereich die Frage offen, ob hierdurch spürbare Anreize für die Wirtschaft geschaffen werden können, zumal durch die Begleitregelungen (Stichwort Ökosteuer und 630,-DM-Gesetz) gegenläufige Effekte auftreten und zu erwarten ist, daß verbleibende Beträge bei den bestehenden ungewissen Zukunftserwartungen lediglich in eine erhöhte Risikovorsorge (= verstärktes Sparen) fließen werden. Zur Zeit ist festzustellen, daß die Wachstumsprognose zu reduzieren sind und die vorhandenen positiven Effekte am Arbeitsmarkt nach den bereinigten Saisonwerten wieder rückläufige Tendenzen aufweisen.

Dr. Dannhorn beschloß seinen Vortrag mit der Hoffnung, daß durch die in der Diskussion stehende Unternehmens-teuerreform die dringend notwendigen Impulse für die Wirtschaft gesetzt und daß dabei die derzeitigen Regelun-gen in einer durchführbaren und mit vertretbaren Aufwand handhabbaren Weise korrigiert werden. Im Anschluß an die Veranstaltung entspann sich eine anre-gende Diskussion, die viele Thesen des Vortrages aufgriff und weiter vertiefte. Nach Vortrag und Diskussion hatten dann die Teilnehmer noch die Möglichkeit, bei einem kleinen Stehimbiß die Diskussion fortzusetzen, die von vielen genutzt wurden. Der Wunsch der FHN, zwischen Stadt, Region und Hochschule einen regelmäßigen Dialog, praxisorientiert und wissenschaftlich fundiert, aufzubauen, wurde von den Teilnehmern als außerordentlich gelungen bezeichnet. Insbeson-dere die damit verbundene Möglichkeit, von Seiten der Hochschule über schwierige Sachverhalte mit Sachkompetenz objektiv informiert zu werden, wurde lobend hervorgehoben. Herr Dr. Dannhorn erhielt für seinen glänzend präsentierten Vortrag großen Beifall.

 

Pressemitteilung 09/1999